GUTE GRÜNDE

GUTE GRÜNDE

Katrin Wind ist eine attraktive junge Dame. Dass sie exzellente Weine bereitet, überrascht nicht

Dem aufmerksamen Zecher kehrt der nackte Mann den Rücken zu. Er hat sich in der reichverzierten Ornamentik des Etiketts gut versteckt. Wer die Flasche nicht genauer betrachtet, wird womöglich nie auf dieses kleine Detail stoßen. Es ist, so könnte man sagen, Katrin Winds witzige Hommage an ihr Heimatdorf Arzheim ganz in der Nähe von Landau in der Pfalz. Bis ins 16. Jahrhundert streckte der Nackte sein Hinterteil auf dem Arzheimer Wappen noch dem Betrachter entgegen, war so sicherlich mehr grimmiger Protest als liebliche Verzierung. Manche Quellen berichten von einem ansässigen Fürstbischof, der der Politik mit dieser eindeutigen Geste seine Meinung kundtun wollte. Wie dem auch immer war. Die Arzheimer werden für ihr Wappen gute Gründe gehabt haben, womit womöglich auch ein Teil ihres renitenten Erbguts erhalten blieb.

Witzige Hommage an ihr Heimatdorf Arzheim

Tatsächlich zeugt es von einem geradewegs trotzigen Geschmack, wenn Katrin Wind inmitten der Südpfalz heute eine alte Anlage mit Frühburgunder pflegt, die ihr Vater vor rund 15 Jahre pflanzte, weil der nach einer Sorte von hoher Güte und wenig Ertrag suchte – und fündig wurde. Als Winzer im Nebenerwerb darf man das mindestens qualitätsbewusst nennen. Dabei waren ihm seine rund zweieinhalb Hektar Reben als Hobbywinzer stets Spaß und Ausgleich genug, weil er sein Geld mit der Arbeit als Elektroingenieur verdiente. Und das auch heute noch tut.

Ein Hobby wird zum Premium-Weingut

Die Zeiten indes haben sich geändert, seitdem seine Tochter sich gerade anschickt, aus einem arbeitsreichen Hobby ein kleines Premium-Weingut zu machen. Bevor Katrin Wind 2012 ihren ersten eigenen Wein auf den Markt brachte, musste sie sämtliche Gerätschaften erst einmal anschaffen. Doch auch von rudimentären Verhältnissen ließ sie sich nicht beirren, füllte vom Jahrgang 2011 schließlich ganze 2500 Flaschen und schloss 2014 ihr Weinbau- und Önologie-Studium in Geisenheim ab.

Weil aus dem Weingut Philipp Kuhn in der Vergangenheit bemerkenswert viele Talente hervorgehen, darf man es jetzt ruhig als eine der führenden deutschen Kaderschmieden bezeichnen. Wind arbeitet seit 2013 bei dem herrlich unkapriziösen Ausnahmewinzer und unterstützt ihn bei den Kellerarbeiten und im Verkauf. Hört man die 26-Jährige über Wein sprechen, wird schnell klar: Sie hat einen wählerischen Geschmack, der zu einem Anspruch wird, den sie auch an ihre eigenen Weine stellt.

Nicht ad hoc profiliert, sondern peu à peu entdeckt

Vier Hektar Reben bewirtschaftet sie mittlerweile. Hauptsächlich Riesling. Dazu ein bisschen Weißburgunder, Sauvignon Blanc und Frühburgunder. Kürzlich konnte Wind noch ein kleines Stückchen in der »Kleinen Kalmit« ergattern, einer fast 300 Meter hohen und extrem kalkreichen Premiumlage im nahen Ilbesheim. Von dort kommt auch ihr bester Riesling »Kapellenstück«, der ihr Talent delikat zum Ausdruck bringt, wenn der Wein sich im Glas nicht ad hoc profilieren, sondern peu à peu entdeckt werden will. Wind ist es nicht um ein One-Hit-Wonder zu tun. Ihre Weine tragen eine eigene, ihre Handschrift und haben schon heute das Zeug zu zeitlosen Klassikern.

Bis ins 16. Jahrhundert streckte der Nackte dem Betrachter des Arzheimer Wappens noch sein Hinterteil entgegen, war so sicherlich mehr grimmiger Protest als liebliche Verzierung.

Fotos Weingut Katrin Wind

zuerst veröffentlicht in Falstaff Weinguide 2016

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